Verleihung des Dissertationspreises der Sektion Stadt- und Regionalsoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) im Rahmen der Mitgliederversammlung am 14. November 2013 in Berlin Im Jahr 2013 wurde erstmals der Dissertationspreis der Sektion Stadt- und Regionalsoziologie verliehen. Mit dem Preis werden empirisch, methodisch und/oder theoretisch herausragende Dissertationen ausgezeichnet, die sich grundlegend mit Fragen der Stadt- und Regionalsoziologie auseinandersetzen.
Die vierköpfige Jury des Preises – Ingrid Breckner (HCU Hamburg), Sybille Frank (TU Berlin), Christine Hannemann (Universität Stuttgart) und Heike Herrmann (Hochschule Fulda) – wählte die Arbeiten von Anna-Lisa Müller („Green Creative Cities. Zur Gestaltung eines Stadttypus des 21. Jahrhunderts“ und von Gunter Weidenhaus („Die soziale Raumzeit. Zum Zusammenhang der Konstitutionen von Raum und Zeit in Biographien“) für die Auszeichnung aus.
Frau Anna-Lisa Müller identifiziert als treibende Kraft städtischer Entwicklung die Gestaltung und Planung städtischer Räume mit Hilfe von Planungsstrategien, die den Leitbildern der „kreativen“ und „nachhaltigen Stadt“ folgen. Der theoretische Rahmen wird von (raum- bzw. stadtbezogenen) Arbeiten der Postindustrialisierungs- und Globalisierungsdebatte sowie der Stadt- und Raumsoziologie gebildet. Als empirische Grundlage ihrer Überlegungen dienten eigene Erhebungen qualitativer Daten aus den Hafenstädten Dublin und Göteburg, die die Autorin um quantitative Sekundärdaten ergänzte. Unter dem Einfluss der genannten Leitbilder und den hieraus resultierenden Planungsstrategien, so das zentrale Ergebnis der Untersuchung, entsteht der Stadttypus der „Green Creative City“, den die Autorin als typisch für urbane Transformationsprozesse westlich-industrialisierter Gesellschaften des 21. Jahrhunderts begreift.
Herr Gunter Weidenhaus geht in seiner Arbeit der Frage nach, ob die sozialen Konstitutionen von Raum und Zeit logisch zusammenhängen, ob also von einer „sozialen Raumzeit“ gesprochen werden kann. Er schließt damit an jüngere sozialwissenschaftliche Forschungen zu „Raum“ (Castells, Beck, Löw, Held) und „Zeit“ (Urry, Virilio, Bauman, Rosa) sowie den Zusammenhang von Raum und Zeit (Massey, Crang) an, die unisono eine Veränderung von räumlichen und zeitlichen Strukturen konstatieren. Herr Weidenhaus argumentiert, dass der Zusammenhang von Raum und Zeit nur auf der Ebene von „sozialer Raumkonstitution“ und „Geschichtlichkeit“ (nicht: Chronologie) untersucht werden kann und nicht ausschließlich theoretisch geklärt, sondern empirisch nachgewiesen werden muss. Als empirisches Forschungsfeld wählte er die Analyse von Biographien. Gunter Weidenhaus kommt über seine Analyse zur Charakterisierung dreier Raumzeit-Typen (konzentrisch-linear, netzwerkartig-episodisch, inselhaft-zyklisch), denen er unterschiedliche Merkmale, Entstehungszeiten, Risiken und Potenziale zuordnet. Die Arbeit ist als Beitrag zur soziologischen Grundlagenforschung zum Zusammenhang räumlicher und zeitlicher Bestimmungen zu verstehen und führt bisherige Ansätze der Stadt- und Raumsoziologie fort.
Im Verlauf eines Festaktes würdigte die Sprecherin der Sektion, Heike Herrmann, die wissenschaftlichen Leistungen im Rahmen einer Laudatio als zukunftsweisende Beiträge zum stadt- und raumsoziologischen Diskurs. Die Mitglieder der Jury übereichten den Preis in Form einer Urkunde. Ein abendliches Buffet bot im Anschluss hieran allen Teilnehmenden die Möglichkeiten, mehr über die Inhalte der Arbeiten zu erfahren und gleichzeitig den Tag bei gutem Essen und Trinken ausklingen zu lassen.
Entsprechend des zweijährigen Turnus findet die nächste Auslobung des Preises im Jahr 2015 statt.